Sparbeschlüsse des Verwaltungsrates zu Lasten der Beschäftigten

Der Verwaltungsrat des Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS wollte gestern über das Sanierungsprogramm »Power 08« für die Flugzeugtochter Airbus entscheiden. Heute soll das Management informiert werden.

Mit einem rigorosen Sparprogramm will der Airbus-Mutterkonzern EADS den weltweit größten Hersteller von Passagierflugzeugen aus der Krise führen. Der Sanierungsplan, der seit Freitag im Verwaltungsrat diskutiert wird, soll nach Informationen der französischen Wirtschaftszeitung »Les Echos« auch Produktionsverlagerungen und -ausgliederungen für die 17 europäischen Airbuswerke mit ihren 57 000 Mitarbeitern vorsehen. So soll das Hamburger Werk, wo rund 12 000 Beschäftigte arbeiten, sein neues A380-Auslieferungszentrum im Tausch gegen Produktionsanteile am A320 schon wieder verlieren. Damit wäre auch die Landebahnverlängerung, die die Hansestadt nach jahrelangem Rechtsstreit mit Anrainern gerade erst durchgesetzt hat, überflüssig. Die A380-Produktion würde vollständig auf Toulouse konzentriert, wo die Konzernspitze heute Nachmittag 400 Top-Manager über Details des Sparprogramms informieren will.

Es regen sich bereits Proteste. In Toulouse fürchten Belegschaftsvertreter und die Gewerkschaft CGT einen Arbeitsplatzverlust für 1400 Mitarbeiter, weil hier die A320-Familie bisher 90 Prozent aller Bestellungen ausmachte. Widerstand gibt es aber auch in Hamburg, wo derzeit A380-Rumpfsegmente gebaut sowie der Innenausbau und die Endlackierungen für das mit bis zu 853 Sitzplätzen weltweit größte Passagierflugzeug erfolgen. Die Hansestadt hat für das Auslieferungszentrum zudem fast 800 Millionen Euro, vor allem für Flächenerweiterungen, investiert. Der frühere grüne Bürgerschaftsabgeordnete Norbert Hackbusch, der jetzt in der Wahlalternative WASG aktiv ist, spricht davon, dass sich die Hamburger Wirtschaftspolitiker haben abzocken lassen.

Auf die Einhaltung von Verträgen pocht Wirtschaftssenator Gunnar Ulldal. Der CDU-Politiker forderte Anfang der Woche, dass der Bund direkt bei EADS einsteigt, um so deutsche Interessen besser zu sichern.

Selbst wenn es Uldall noch gelingt, einen GAU abzuwenden, dürften in Hamburg hunderte Arbeitsplätze zur Disposition stehen. Stellen sind zudem an den Produktionsstandorten Stade, Buxtehude und Nordenham gefährdet, die auf einer Streichliste der EADS-Manager stehen sollen. Bis zu 30 Prozent der Airbus-Produktionskapazitäten sollen an Fremdfirmen, mittelfristig auch in Niedriglohnländer wie Russland und China, ausgegliedert werden. So sollen die eigenen Kosten um jährlich etwa 2 Milliarden Euro sinken.

Doch diese Summe muss Airbus allein für Vertragsstrafen kalkulieren, die sich aus den Auslieferungsverzögerungen beim A380 ergeben. Softwareprobleme hatten nach Angaben von Airbus-Chef Christian Streiff dazu geführt, dass Produktionskomponenten nicht zusammenpassten. Verzögerungen gab es aber auch beim Langstreckenflugzeug A350 und beim Militärtransporter A400 M, weshalb CGT-Gewerkschafter vor Einsparungen von bis zu zehn Milliarden Euro bis 2011 warnen.

Analysten argumentieren, Airbus müsse billiger und effektiver werden, da sonst Fluggesellschaften wie Virgin Atlantic oder Air France zum Konkurrenten Boeing wechseln könnten. Dies zu prüfen, hat am Dienstag die Fluggesellschaft Emirates, die mit 43 Bestellungen für den A380 größter Kunde des Super-Airbus ist, schon angekündigt. Dies war eine Reaktion auf die Ankündigung weiterer Verzögerungen um zehn Monate bei der Auslieferung des A380. Das erste Exemplar wäre im August 2008 verfügbar.

Arbeitsplätze sind außer an den Produktionsstandorten auch in der Zuliefererindustrie in Gefahr. Die kleineren Firmen haben Entwicklungskosten häufig vorfinanziert, während Airbus erst nach Auslieferung der Flugzeuge zahlt. Branchenkenner spekulieren, dass Airbus europaweit die Anzahl seiner Zulieferer von gegenwärtig 10 000 auf rund 7000 senken will.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=97972&IDC=3