Managementfehler beim europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzern könnten Tausende den Job kosten
Am heutigen Mittwoch nachmittag wird der Verwaltungsrat des europäischen Luftfahrt- und Rüstungskonzerns EADS dem Gesamtbetriebsrat in Toulouse Einzelheiten seines Sanierungsprogramms zur Airbus-Krise vorlegen. Denn obwohl die Spitzenmanager schon seit Freitag hinter verschlossenen Türen in Amsterdam beraten, konnte das international besetzte Betriebsratsgremium wegen des »Tags der Deutschen Einheit« selbst bisher nicht zusammentreten. Es wird eine brisante Sitzung, denn geplant sind Einsparungen in Milliardenhöhe, wie die französische Zeitung Les Echos erst am Montag berichtete. Demnach sollen alle europäischen Airbus-Werke von Produktionsverlagerungen und massivem Personalabbau betroffen sein. Alarmstimmung herrscht nun auch in Hamburg, wo rund die Hälfte der etwa 22000 deutschen Airbus-Mitarbeiter arbeiten. Durchgedrungen war zuvor, daß die Konzernmanager den Großraumjet A 380 am liebsten nur noch in Toulouse bauen und ausliefern lassen möchten, um so die Produktionsabläufe zu straffen. Das aber wäre auch das Ende für das neue A-380-Auslieferungszentrum in Hamburg, für das die Hansestadt zuletzt eine umstrittene Landebahnverlängerung gegen den Widerstand betroffener Anrainer auch mit Enteignungen durchsetzte.
GAU für Hamburg?
Kein A-380-Auslieferungszentrum in Hamburg? Wirtschaftspolitisch wäre das eine Katastrophe, denn um Flächen für den Werksausbau und die verlängerte Landebahn zur Verfügung zu stellen, hat die Stadt inzwischen fast eine Milliarde Euro ausgegeben. Für WASG-Vertreter Norbert Hackbusch, der den Airbus-Werksausbau schon als früherer Bürgerschaftsabgeordneter der Gruppe »Regenbogen« heftig kritisiert hatte, haben die Wirtschaftspolitiker von SPD und CDU damit nicht nur viel Geld, sondern auch das »Naturschutzgebiet Mühlenberger Loch und ein halbes Dorf im Poker um die Landebahnverlängerung verzockt«. Demgegenüber pocht Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) auf »vertragliche Vereinbarungen«. Doch sicher ist sich Uldall damit offenbar nicht. Auch er befürwortet nun eine direkte Beteiligung des Bundes an EADS, um so einen besseren Interessenausgleich zwischen deutschen und französischen Standorten zu sichern. Doch selbst wenn der »Super-GAU« so für die Hansestadt doch noch abzuwenden ist, kann ein massiver Personalabbau offenbar nicht mehr verhindert werden. Bis zu 15 Prozent der Airbus-Produktionskapazitäten sollen an Billiglohnländer wie Rußland und China vergeben werden, wofür der Einstieg von russischem Kapital bei EADS und die Vorbereitung einer A-320-Fertigungsstraße in China gerade recht kommen. Weitere 30 Prozent der Airbus-Kapazitäten sollen an europäische Fremdfirmen ausgegliedert werden, weshalb Les Echos nun auch berichtete, daß mindestens sieben europäische Airbus-Standorte, darunter die in Stade, Buxtehude und Nordenham, direkt zum Verkauf anstünden. So sollen die Produktionskosten um jährlich etwa zwei Milliarden Euro gedrückt werden.
Vertragsstrafen drohen
Doch diese Summe entspricht lediglich dem, was Airbus an Vertragsstrafen für die Auslieferungsverzögerungen beim A 380 wird zahlen müssen. Softwareprobleme hatten dazu geführt, daß die in Hamburg produzierten Spezialkabel schlicht zu kurz waren. So werden nach Angaben des neuen Airbus-Chefs Christian Streiff auch 2007 nur vier Maschinen ausgeliefert werden können. Produktionsverzögerungen gab es aber auch beim Langstreckenflugzeug A 350 und dem Militärtransporter A400 M, wodurch weitere Kosten in Milliardenhöhe entstehen werden. Wegen dieser Managementfehler muß Airbus nun billiger und schneller werden, weshalb die französische Gewerkschaft CGT inzwischen erwartet, daß bis 2011 jedes Jahr mindestens eine Milliarde Euro »eingespart« wird, um doch noch den Profitinteressen der Eigner gerecht zu werden. Andere Beschäftigtenvertreter sprechen gar von zehn Milliarden Euro, weil Fluggesellschaften wie Air Emirates, Virgin Atlantic oder die Air France andernfalls zur US-amerikanischen Boeing-Konkurrenz wechseln könnten, die nach anfänglichen Schwierigkeiten bei der Produktivität für Großraumflugzeuge Airbus inzwischen längst eingeholt hat.
Doch nicht nur die Arbeitsplätze eines Teils der rund 57000 europäischen Airbus-Beschäftigten sind gefährdet allein in Toulouse sollen 1400 Zeitarbeitsverträge nicht verlängert werden. Auch in der Luftfahrtzulieferindustrie, die häufig Risikopartnerschaften eingegangen ist und einen Teil ihrer Entwicklungskosten für die Fertigung von Airbus-Komponenten vorfinanziert hat, stehen Jobs auf dem Spiel. Allein in Hamburg könnten dadurch Hunderte weitere Arbeitsplätze in Gefahr geraten. Europaweit will EADS die Anzahl seiner Zulieferer von derzeit 10000 auf rund 7000 senken.
http://www.jungewelt.de/2006/10-04/043.php
http://www.initiativenzeitung.org/nachricht/meldung/alarmstimmung-bei-eads/