Hamburg: Neues Wohnungsbauprogramm, das Armen kaum hilft, bezahlbaren Wohnraum zu finden

In Hamburg hat der Senat am Freitag ein neues Wohnungsbauprogramm gestartet. Wie Stadtentwicklungssenator Michael Freytag (CDU) versprach, werden demnach bis Mitte nächsten Jahres 2000 zusätzliche Wohneinheiten entstehen.

Gebaut werden die Miet- und Eigentumswohnungen durch den Verband Norddeutscher Wohnungsbauunternehmer (VNW) und den Landesverband freier Immobilien- und Wohnungsbauunternehmer (BFW). Die Stadt ist mit eigenen Grundstücken beteiligt, die sie mit Preisabschlägen auf den Bodenpreis von 10 bis 25 Prozent zur Verfügung stellt. Für energiesparende Bauvorhaben soll es zudem zinsverbilligte Baudarlehen geben.

Kinderlose erhalten Kinderzimmerzulage

Ab sofort werden auch die Darlehenskonditionen für den Erwerb von Eigentumswohnungen verbessert. Selbst kinderlose Paare können jetzt eine Kinderzimmerzulage von bis zu 10 000 Euro erhalten, die außerdem als Eigenkapitalersatz anerkannt wird. Auf eine Familie mit drei Kindern kommt ein Zuschlag von 25 000 Euro.

Mit der »wohnungspolitischen Offensive« für eine »wachsende Stadt« erntete Freytag indes nicht nur Zustimmung, denn die neuen Wohnungen werden, trotz der Unterstützung durch die Stadt, bei einem Preis von 7,50 bis 8,50 Euro pro Quadratmeter Nettokaltmiete liegen. Ein Teil der Wohneinheiten soll zudem als Eigentumswohnungen entstehen. Das aber mindere die Probleme sozial Benachteiligter nicht, eine bezahlbare Wohnung zu finden, kommentierte denn auch Christiane Schneider vom Vorstand der Linkspartei.PDS das neue Programm. Schneider forderte die Umwidmung des Programms in Richtung mietpreisgebundener Sozialwohnungen. Von den derzeit 130 000 noch vorhandenen Sozialwohnungen, würden 25 Prozent bis 2011 aus der Mietpreisbindung herausfallen, rechnete Schneider vor. Mitte der 1970er Jahre verfügte Hamburg noch über 400 000 Sozialwohnungen.

Auf dieses Entwicklung machte zum Wochenende auch Landespastorin Annegrethe Stoltenberg aufmerksam, die erstmals »wohnungspolitische Eckpunkte« des Diakonischen Werks vorlegte. Ausgewertet wurden dafür die Erfahrungen von Mitarbeitern in rund 800 diakonischen Einrichtungen der Stadt, die Fachreferent Dirk Hauer zusammentrug.

4000 »Aufforderungen« zum Umzug

Demnach wird es nicht nur für die 5000 Obdachlosen oder die Bewohner in den Notunterkünften immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Auch für die Frauen in den Frauenhäusern oder betreute Migranten hätten die Sozialarbeiter mit ihren Bemühungen oft keinen Erfolg. Zudem seien in den letzten sechs Monaten 4000 Empfänger des Arbeitslosengeldes (ALG) II zum Umzug in »angemessene« Mietwohnungen aufgefordert worden. Doch auch Wohnungen, die den Mietobergrenzen für ALG II-Bezieher entsprechen, gäbe es kaum. Nicht gedeckt sei auch der Bedarf an kostengünstigen, barrierefreien Wohnungen, weshalb auch das Programm zur Ambulantisierung der Behindertenhilfe in Gefahr geriete.

Als wachsende Stadt benötige Hamburg jedes Jahr 2900 neue Mietwohnungen, hatte erst kürzlich eine Studie der Landesbausparkasse ergeben. Tatsächlich werden jährlich aber nur 1500 gebaut. Druck auf den Mietwohnungsmarkt geht nach dieser Studie auch von der Umwandlung zahlreicher Wohnungen in Eigentumswohnungen aus. Deshalb sei das Sonderprogramm von Senator Freytag auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, bemerkte Stoltenberg. Mit dem Bibelzitat des Propheten Jesaja »Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus«, unterstrich die Landespastorin ihren Appell an Politik und Wohnungswirtschaft, den Bestand an Sozialwohnungen zu sichern. Zudem müssten auch die Mietobergrenzen für Erwerbslose und Sozialhilfebezieher an den tatsächlich gegebenen Mietspiegel angeglichen werden.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=96084&idc=3&db=O2P