Parlamentsdebatte um Kontakte Hamburger Spitzenpolitiker zum Rotlichtmilieu

In Klamauk und Chaos, aber ohne Ergebnis endete am Mittwoch abend eine mit Spannung erwartete Bürgerschaftsdebatte zur »Osmani-Mettbach-Affäre« in Hamburg. Es geht um die Kontakte dortiger Spitzenpolitiker ins kriminelle Rotlichtmilieu, speziell zum Osmani-Clan, der auf der Reeperbahn ein Millionenvermögen machte (siehe jW vom 19./20. August). Genaue Auskünfte dazu wollten Grüne und SPD in der Bürgerschaft beantragen. Doch deren Sitzung endete schon nach 30 Minuten im Eklat, nachdem der Grünen-Bürgerschaftsabgeordnete Jens Kerstan die Abwesenheit von Bürgermeister Ole von Beust (CDU), der zeitgleich Bundespräsident Horst Köhler auf einer Hamburg-Visite begleitete, mit den Worten monierte, daß dieser ja auch sonst nur wenig zur Aufklärung beitrage. »Das reicht«, meinte daraufhin CDU-Fraktionschef Bernd Reinert. Seine Fraktion verließ anschließend unter lautem Protest den Plenarsaal.

Da die CDU-Politiker, die Redebeiträge angemeldet hatten, nun nicht mehr im Saal waren, mußte Bürgerschaftsvizepräsidentin Verena Lappe (Grüne) die Debatte abschließen. Daher stand bereits wenige Minuten später der Antrag der Oppositionsparteien zur Abstimmung. Aufgeregt liefen viele der Ausgezogenen nun wieder zurück in den Plenarsaal. Doch rund 15 CDU-Abgeordnete trafen dort erst ein, nachdem die Abstimmung schon stattgefunden hatte. Die Sensation schien perfekt, denn die Bürgerschaft hatte mehrheitlich einem Antrag der Oppositionsfraktionen zugestimmt.

Doch statt das Abstimmungsergebnis zu verkünden, berief die Vizepräsidentin den Ältestenrat und das Parlamentspräsidium zur Krisensitzung ein. Klaus Peter Hesse (CDU), der ebenfalls dem Präsidium angehört, forderte dort eine Wiederholung der Prozedur. Nach längeren Beratungen konnte er sich damit durchsetzen. In der zweiten Abstimmung wurde der Oppositionsantrag abgelehnt. Danach sagte SPD-Fraktionschef Michael Neuman in einer »persönlichen Erklärung«, Hesse habe im Ältestenrat gelogen. Diese Ansicht vertrat auch Grünen-Frak­tionschefin Christa Götsch. Weitere Abgeordnete pfiffen auf die Geschäftsordnung und gingen in die Bütt.

So inhaltsleer die Debatte auch war, zeigte sie doch, daß die Nerven im Hamburger Rathaus blank liegen. Ist es Zufall, daß die Sitzung ausgerechnet bei der Rede von Kerstan aus dem Ruder lief? Immerhin war er es, der als erster die Frage stellte, ob die Ernennung von Exbausenator Mario Mettbach (früher Schill-Partei, jetzt CDU) zum neuen Logistikbeauftragten des Senats eine Art »Schweigegeld« sei. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, daß weitere Mitglieder des Senats Kontakte zum Osmani-Clan haben. Am 14. September wird die Debatte zum Thema in der Bürgerschaft fortgesetzt.

http://www.jungewelt.de/2006/08-25/006.php