Koalitionsstreit in Kiel: CDU verlangt Überarbeitung des Schulgesetzentwurfs der SPD-Bildungsministerin

Der von Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD) vorgelegte Entwurf für ein neues Schulgesetz kommt beim Koalitionspartner CDU nicht gut an. Am Mittwoch bezeichnete dessen Landesgeschäftsführer Daniel Günther den erst am Vortag ins CDU-SPD-Kabinett eingebrachten Gesetzesentwurf nur als »Arbeitsgrundlage«, der nun durch Beratungen in den Fraktionen dringend nachgebessert werden müsse. Erdsiek-Rave will vor allem an der Verankerung neuer Gemeinschaftsschulen im Gesetz festhalten.

Diese lehnt die CDU als »Einheitsschule« grundsätzlich ab. Allenfalls Modellversuche für einige Gesamtschulen sollen toleriert werden. Mit den Gemeinschaftsschulen will die SPD den Unterricht nicht mehr ab Klasse fünf, sondern erst ab Klasse sieben nach Schulformen differenzieren. Kritik am Gesetzentwurf kommt aber auch von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), die die darin ebenfalls geplante Oberstufenreform als Rückgriff auf pädagogische Ansätze »aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts« bezeichnete.

Die Bildungspolitik war schon im Landtagswahlkampf zwischen Ost- und Nordsee der größte Streitpunkt. Die CDU will an der Dreigliedrigkeit des Schulsystems ab Jahrgangsstufe fünf festhalten. Umstritten ist auch das »Sitzenbleiben«, das Erdsiek-Rave nun für die Jahrgangsstufen fünf und sechs grundsätzlich abschaffen will, während ihr Koalitionspartner an Rückstufungen festhalten möchte.

Im Kabinett war dieser Streit zunächst vertagt worden. Für Unruhe sorgt auch die geplante Neuregelung des Abiturs, bei der die Bildungsministerin CDU-Positionen übernommen hat. Lehrer- und Elternverbände monieren, daß die Abiturprüfung künftig schon in Jahrgangsstufe zwölf erfolgen soll, während zusätzliches Personal für daraus resultierende zusätzliche Unterrichtssstunden nicht eingeplant werde. Auf Kritik stößt zudem, daß die Wahlmöglichkeiten in der Oberstufe eingeschränkt sind, während die Hauptfächer Mathematik und Deutsch sowie mindestens eine Fremdsprache verbindlich vorgegeben werden. Letzteres geht auf Forderungen der Wirtschaftsverbände zurück, die sich davon eine bessere Allgemeinbildung erhoffen. Für GEW-Landeschef Klaus Niemann ist dies jedoch eine Mißachtung sozialwissenschaftlicher oder musisch-künstlerischer Fächer. Überhaupt trifft das geplante neue Oberstufensystem bei der Lehrergewerkschaft nicht auf Gegenliebe. Niemann forderte statt dessen »echte Ganztagsschulen« und mehr individuelle Förderung für alle Schüler.

Zentraler Streitpunkt in der Kieler Koalition ist jedoch etwas anderes: Erdsiek-Rave will mit dem neuen Schulgesetz das Tragen religiöser Symbole für Lehrer grundsätzlich ausschließen. Sie sollen zu »religiöser Neutralität« verpflichtet werden, was aber sowohl Kopftücher als auch Kruzifixe ausschließe. Die Christdemokraten sehen in der Verbannung des Kreuzes dagegen eine Bedrohung abendländischer Kulturwerte.

http://www.jungewelt.de/2006/03-31/025.php