Militaria-Sammlung der Stamm-Stiftung soll im Hafen ausgestellt werden. Stadt zahlte 30 Millionen Euro für Speicherumbau und verzichtete auf Mitspracherecht
Am Mittwoch abend fand im völlig überfüllten Kaisersaal des Hamburger Rathauses eine Anhörung des Kulturausschusses der Bürgerschaft zum neuen »Schiffahrts- und Marinemuseum« der Peter-Tamm-Stiftung statt. Das Museum soll 2007 im historischen Kaispeicher B des Hafens eröffnet werden. Die Umbaukosten hatte die Stadt durch einen Zuschuß von 30 Millionen Euro bereits übernommen.
Während Bürgermeister Ole von Beust (CDU) dies als weitere Perle seiner Standortpolitik feierte, kam aus der Friedensbewegung heftige Kritik, denn im neuen Museum soll die private Militaria Sammlung von Peter Tamm ausgestellt werden. Befürchtet wird ein Wallfahrtsort für rechte und militaristische Kreise. Auf der Anhörung mit den Stiftungsvertretern sollten die Befürchtungen widerlegt werden. Doch während Tamm nicht mal erschienen war, hatte auch Stiftungsgeschäftsführerin Russalka Nikolov dazu nur wenig zu sagen. Nicht die Militaria-Sammlung und ihre Einbindung in ein Museumskonzept stand im Mittelpunkt ihrer Ausführungen, sondern die Gestaltung eines Empfangsbereichs. Deutlich sagte Nikolow, daß es ein Mitspracherecht der Stadt für das Museumskonzept nicht gäbe. Dies sei vertraglich ausgeschlossen. Der hilflose Ausschuß will nun weiter beraten.
Faschistische Symbole
Militaria- und Marineexponate hat der heute 77jährige ehemalige Springer-Geschäftsführer Tamm jahrzehntelang gesammelt. Es sind bis heute einige zehntausend Exponate. Unter ihnen 27000 Schiffsmodelle, unzählige Waffen, aber auch Uniformen sowie Vitrinen voller Großadmiralsstäbe. Gesammelt hat Tamm auch Dokumente zur Seekriegsstrategie des ehemaligen deutschen Großadmirals und Oberbefehlshabers der faschistischen Seekriegsflotte, Karl von Dönitz. Ebenfalls solche des britischen Flottenführers Admiral Horatio Nelson, der 1805 die vereinten Seestreitkräfte von Frankreich und Spanien versenkte. Zur Sammlung gehören die Kriegsbilder von Willy von Stöwer, Marinemaler von Kaiser Wilhelm II. Doch der Schwerpunkt liegt in der Zeit des Faschismus, und nirgendwo sonst findet man eine so große Ansammlung von Hakenkreuzen und Zeugnissen aus der Nazizeit wie im Haus von Tamm. Als Eigentümer eines Verlags gibt Tamm aber auch Kriegsliteratur unter Titeln wie »Deutsche Kampfschwimmer im Zweiten Weltkrieg« oder »Seekrieg im Ärmelkanal« heraus.
Vertrag für 99 Jahre
Bereits im Februar 2004 hatte die Hamburger Bürgerschaft den 30-Millionen-Zuschuß zum Umbau des Kaispeichers, der im Juni 2005 begann, bewilligt. Vertraglich wurde der Tamm-Stiftung eine Nutzung des Speichers (15000 Quadratmeter) ohne jeglichen Mietzins für 99 Jahre zugesichert. Die Friedensbewegung hat mit Aktionen und Kampagnen auf die Pläne reagiert und inzwischen auch Politiker der SPD und der Grünen erreicht. Die Bürgerschaftsabgeordnete Luisa Fiedler (SPD) stellte am Mittwoch die Frage, welchen Sinn es etwa habe, im neuen Museum den Marschallstab »des verurteilten Kriegsverbrechers Dönitz« zu zeigen. Doch diese Frage blieb genauso unbeantwortet wie die 57 Detailfragen aus der Hamburger Friedensbewegung, die diese schriftlich vorgelegt hatte. Die Tamm-Stiftung macht, was sie will, denn Bürgerschaft und Senat haben sich vertraglich um jede Einflußmöglichkeit gebracht.
http://www.jungewelt.de/2006/02-10/020.php