Trotz aller Drohungen heute erneut Nahverkehrsstreik in Teheran

Freie Gewerkschaften sind verboten im Land der Mullahs. In Teheran hat sich trotzdem eine Busfahrergewerkschaft etabliert, die trotz aller Repression nicht locker lässt.

Mit einem dramatischen Appell an »Gewerkschaften und fortschrittliche Organisationen« hat die »Gewerkschaft öffentlicher Busbetriebe von Teheran und Umgebung« (Vahed) am Mittwoch um internationale Solidarität mit den Busfahrern der iranischen Hauptstadt gebeten. Diese waren am Samstag erneut in einen Streik getreten, der aber dann durch paramilitärische Verbände, unter ihnen die berüchtigten Basiji, die noch von Khomeini gegründet wurden, zusammengeprügelt wurde. Über 700 Busfahrer wurden verhaftet.

Die Gewerkschaft wollte mit dem Streik ihre offizielle Anerkennung und einen Tarifvertrag durchsetzen. Ebenfalls wurde die Freilassung des Gewerkschaftsvorsitzenden Mansur Ossanlou gefordert, den Sicherheitskräfte bereits am 22. Dezember verhaftet hatten. Ihm soll ein politischer Prozess wegen »Kontakte zu ausländischen Organisationen« gemacht werden.

Schon im Dezember hatten über 6000 Busfahrer in Teheran gestreikt. Der öffentliche Nahverkehr in der Millionenmetropole brach für einen Tag fast völlig zusammen. Daraufhin sagte die Stadtverwaltung die Prüfung der Forderungen zu. Doch dann geschah nichts, weshalb nun länger gestreikt werden sollte.

Doch anders als im Dezember, als niemand der jungen Gewerkschaft, die sich erst im Juni 2005 gegründet hatte, diese Mobilisierungskraft zugetraut hatte, waren Irans Machthaber am Samstag vorbereitet. Teherans Bürgermeister Mohammad Baqer Qalibaf, ein ehemaliger General der Revolutionsgardisten Pasdaran, erklärte den Streik für illegal. Milizen der Basiji und der Pasdaran besetzten die Busdepots und alle großen Verkehrsknotenpunkte. So konnten Streikwillige gleich Samstag früh verprügelt, verjagt oder auch verhaftet werden. Andere Busfahrer wurden mit Waffen zur Arbeit gezwungen. Schnell war der Streik niedergeschlagen.
Hunderte sind noch im Gefängnis. Sie weigern sich, aus der Gewerkschaft auszutreten, die für heute erneut zum Ausstand aufgerufen hat. Dieses Mal sollen die Busdepots gemieden werden, die Fahrer einfach zu Hause bleiben. Gefährlich ist das trotzdem, denn schon am Samstag wurden auch Kinder und Familienangehörige mit verhaftet, die nun von »Radio Teheran« als »Landesverräter« bezeichnet werden. Deshalb hoffen die Busfahrer auf internationale Solidarität.

Die kommt unter anderem aus Hamburg, wo Norman Paech, Völkerrechtler und Bundestagsabgeordneter der Linken, die sofortige Freilassung von Mansur Ossanlou und aller Inhaftierten forderte. Gemeinsam mit den Landesverbänden von Linkspartei.PDS und WASG hat Paech Berlin aufgefordert, sich für die Wahrung der Menschenrechte in Iran einzusetzen, statt sich auf eine Eskalation in der Nuklearfrage einzulassen.

Der Konflikt in Teheran hat grundsätzliche Bedeutung, weil nach iranischem Gesetz unabhängige Gewerkschaften (damit auch Tarifverträge) verboten sind. Nur »islamische Arbeiterräte« werden anerkannt. Doch von den 17 000 Mitarbeitern der staatlichen Busbetriebe soll sich der größte Teil der neuen Gewerkschaft angeschlossen haben. Jetzt fürchten die Machthaber, dass das Beispiel Schule macht und das Herrschaftssystem destabilisiert wird. Schließlich sind Busfahrer schon berufsbedingt echte Multiplikatoren.

http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=85121&dc=42&db=Archiv