Hamburg kündigt „Kurskorrektur“ in der Arbeitsmarktpolitik an: Staatlich subventioniertes Lohndumping wird weiter verschärft

In Hamburg hat Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) in dieser Woche eine „Kurskorrektur“ in der Arbeitsmarktpolitik angekündigt. Da von Ein-Euro-Jobs Übergänge in dauerhafte Beschäftigung kaum ausgingen, müsse das Instrument neu justiert werden. Der Senator will die Ein-Euro-Jobs deshalb mit einem „Kombilohnmodell“ verbinden. Unternehmen, die Ein-Euro-Jobber nach dem Auslauf ihrer Maßnahmen einstellen, erhalten bis zu 24 Monate lang einen Lohnkostenzuschuss in Höhe von drei Euro pro Arbeitsstunde. Im April will die Wirtschaftsbehörde 1000 solcher Kombistellen schaffen. Ab dem dritten Quartal sollen noch mehr Menschen für Kombilöhne arbeiten, während die Anzahl der Ein-Euro-Jobs reduziert wird.

Dass die Ein-Euro-Jobs arbeitsmarktpolitisch ein Flop sind, hatten Experten schon bei ihrer Einführung vorausgesagt. Doch allein in Hamburg gibt es 12000 solcher Stellen. Als Arbeitsgelegenheiten ohne berufliche Qualifizierung und ohne Rechte für die Betroffenen sind sie nur dafür geeignet, billige (Zwangs-)Arbeit zu verrichten, was reguläre und feste Arbeit eher verdrängt. Uldall räumte ein, dass die Übergänge in reguläre Arbeit erheblich niedriger seien als bei den früheren Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM).

In einem Geheimpapier der Arbeitsgemeinschaft zur Umsetzung des SGB II (ARGE) wird deshalb vorgeschlagen, die Hälfte aller Ein-Euro-Jobs zu streichen, während dafür dann die Kombilohnstellen sowie staatlich bezuschusste Leiharbeitsstellen in einer Leihagentur entstehen sollen. In diese Leihagentur sollen die Ein-Euro-Jobber dann nach dem Ablauf ihrer Maßnahme für sechs Monate wechseln. Wie die Wirtschaftsbehörde auf Anfrage bestätigte, soll der dort erzielte Bruttolohn bei 6,80 Euro in der Stunde liegen. Da aber gleichzeitig die Grundsicherung (Arbeitslosengeld II und Kosten der Unterkunft) wegfällt, wäre dies netto noch weniger, als viele Betroffene bei den Ein-Euro-Jobs heute schon haben, wo neben der Mehraufwandspauschale von 210 Euro im Monat auch die Grundsicherung weiter gezahlt wird. Deshalb will die Wirtschaftsbehörde die Mehraufwandspauschale für die Ein-Euro-Jobs auf 120 Euro im Monat kürzen. Sonst bestünde kein Anreiz, in die Verleihagentur zu wechseln. Ausgeliehen sollen die Billigarbeiter dort an ganz normale Wirtschaftsbetriebe werden, die dafür eine sehr geringe Pauschale bezahlen würden. Nach sechs Monaten könnten die Unternehmer dann entscheiden, ob sie geliehenen Beschäftigten für weitere 18 Monate übernehmen. Dann würde der Kombilohn bezahlt, der aber im Netto so niedrig sein soll, dass er das nicht übersteigt, was Ein-Euro-Jobbern heute schon haben.

Der Vorteil soll darin bestehen, einen Arbeitsvertrag zu haben, auch wenn der auf wenige Monate beschränkt sein kann. Was anschließend wird, ist nicht geregelt. Mit dem neuen Programm erhofft sich Hamburg einen höheren Integrationserfolg durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. In Wirklichkeit ist das Kombilohnmodell aber nichts anderes als eine Verlängerung staatlich subventionierter Billigstarbeit. Ganz ungeniert werden arbeitsmarktpolitische Instrumente nun auf den ersten Arbeitsmarkt übertragen, womit auch lästige Kriterien des Sozialgesetzbuches wegfallen, wie etwa die der Zusätzlichkeit und des öffentlichen Interesses, die besser bezahlte und reguläre Arbeit bisher schützen sollten. Auch für den Staat ist das ein lohnendes Geschäft, denn die Grundsicherung fällt bis zu 24 Monate weg. In Hamburg kritisierte die „Sozialpolitische Opposition“ (SOPO) Uldalls Absichten als eine Fortsetzung „staatlich finanzierten Lohndumpings“.

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