Europäische Docker wehren sich weiter gegen geplante neoliberale Richtlinie aus Brüssel. Port Package II im EU-Parlament vor dem Scheitern
Der Widerstand der europäischen Hafenarbeiter gegen die Hafenrichtlinie Port Package II (jW berichtete) setzt sich fort. In Frankreich, Belgien und Spanien haben heute morgen Tausende Hafenarbeiter für 48 Stunden ihre Arbeit niedergelegt. Blockadeaktionen haben zugleich in mehreren griechischen Häfen, wie in Piräus und Thessaloniki, begonnen. Kürzere Arbeitsniederlegungen sollen zudem in Schweden, Dänemark und Portugal stattfinden. Zeitgleich sind etwa 8000 Hafenarbeiter nach Strasbourg gereist, wo am heutigen Montag gegen 13 Uhr an der Rue de la Première eine Großdemonstration quer über den Place de la République beginnen wird. Sie führt zum Europäischen Parlament, dessen dreitägige Plenarberatungen dort um 17 Uhr beginnen. Zu der Demo haben sich Hafenarbeiterdelegationen aus Spanien, Frankreich, Belgien, Holland, Dänemark, Großbritannien, Deutschland, Italien, Finnland, Griechenland, Schweden, Norwegen, Portugal und Zypern angekündigt. Sie wollen den Druck auf das Europaparlament verstärken, bevor dieses am Mittwoch über Port Package entscheiden wird.
Für eine Ablehnung der Hafenrichtlinie stünden die Chancen nicht schlecht, sagte Sahra Wagenknecht, Abgeordnete der konföderalen Fraktion der »Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke« gegenüber junge Welt. Die Linkspartei.PDS-Politikerin begrüßte die Aktionen der Hafenarbeiter als beispielhaft. Von den Fraktionen der Linken, der Grünen und der Sozialdemokraten wird die Richtlinie fast einhellig abgelehnt. Selbst Abgeordnete der Fraktion der konservativen Europäischen Volkspartei haben inzwischen angekündigt, mit Nein zu stimmen. Diese Ablehnungsfront betrifft nicht nur den Richtlinientext selbst, sondern auch jenen Rapport, den der CDU-Europaabgeordnete Georg Jarzembowski, Berichterstatter des Verkehrsausschusses, am morgigen Dienstag geben wird. Jarzembowski, der seit Jahren als eifrigster Kämpfer für Port Package und als Interessenvertreter der Reeder gilt, hat eine drohende Niederlage bereits eingeräumt. Im Interview mit der Tageszeitung Die Welt vermutete er, daß das Parlament Port Package »bedauerlicherweise« ablehnen werde.
Doch daß die Deregulierungsfanatiker der EU-Kommission nach dieser erneuten Niederlage (schon 2003 war Port Package I gescheitert) endlich Ruhe geben und die florierenden Häfen sich selbst überlassen werden, muß bezweifelt werden. Mit drohendem Unterton hat EU-Verkehrskommissar Jacques Barrot schon angekündigt, daß notfalls das »Gemeinschaftsrecht zur Dienstleistungsfreiheit und Wettbewerbskontrolle« auch in den Häfen greife. »Wettbewerbshüter« aus Brüssel könnten Prüfverfahren für einzelne Häfen veranlassen, wo sie »Wettbewerbsverzerrung« konstatieren. Schon jetzt sind Rotterdam, Antwerpen und Hamburg im Gespräch. So könnte die EU-Kommission doch noch versuchen, neue Ausschreibungsverfahren für die Hafendienstleistungen durchzusetzen, was soziale Standards in den Häfen, samt relativ guter Löhne, gefährden würde.
Parlamentsentscheidungen zu beeinflussen, sei nur ein Teil des Kampfes, hatte der Betriebsratsvorsitzende des Hamburger Gesamthafenbetriebs (GHB), Bernt Kamin, dazu gegenüber junge Welt gesagt. Noch wichtiger sei es, daß die Hafenarbeiter kampfbereit blieben, in den Betrieben und auf der Straße. Werde der Widerstand internationalisiert, wären die Hafenarbeiter nur schwer zu besiegen. Das hat auch der Streik der deutschen Hafenarbeiter in der vergangenen Woche gezeigt, wo zum Abschluß der Aktionen allein in Hamburg am Mittwoch abend 4500 Beschäftigte aus allen Hafenbetrieben gemeinsam durch die Innenstadt demonstrierten. Gelassen reagieren sie jetzt auch auf das Getöse aus der Hafenwirtschaft und von einigen Reedern, die die Arbeitskämpfe als »rechtswidrig« bezeichneten. Begründung: Politische Streiks seien in Deutschland nicht erlaubt. Als »eitles Getue« bezeichneten Betriebsräte der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) diese Vorwürfe gegenüber jW.
http://www.jungewelt.de/2006/01-16/009.php