In der Nacht zum Mittwoch beginnen in Hamburg die internationalen Protestaktionen der Hafenarbeiter gegen die geplante EU-Richtlinie »Port Package 2«
Die neoliberalen Privatisierungsfetischisten in der EU lassen nicht locker: Ab Montag nächster Woche soll im Europaparlament die neue Hafenrichtlinie »Port Package 2« beraten und beschlossen werden, nachdem der erste Richtlinienentwurf (»Port Package 1«) 2003 am Widerstand der Hafenarbeiter scheiterte. Diese machen jetzt erneut mobil. Ab heute Nacht um 23 Uhr wird die Arbeit in den Containerhäfen von Bremerhaven und Hamburg für 24 Stunden niedergelegt. Beteiligen werden sich auch die Lotsen, so daß Schiffe weder abgefertigt werden noch in die Häfen einlaufen können. Kürzere Arbeitsniederlegungen verbunden mit Infoveranstaltungen soll es am Mittwoch auch in Brake, Emden, Nordenham, Lübeck und Rostock geben.
Die Reeder schäumen und wollen ihre Schiffe umlenken. Doch wo sie in Europa auch anlaufen werden, auf eine Entladung können sie nicht hoffen, denn die Proteste sind Teil eines international koordinierten Aktionstages, dem sich zwölf europäische Hafengewerkschaften angeschlossen haben. In Dänemark, Finnland, Schweden, Holland, Griechenland, Zypern und Belgien wird es morgen ebenfalls zu Aktionen und Arbeitsniederlegungen kommen. Die Streikwelle setzt sich dann in der nächsten Woche in Spanien, Portugal und Frankreich fort, wo die Hafenarbeiter für 48 Stunden ihre Arbeit niederlegen werden.
Im Zentrum des Protestes steht die Absicht der EU-Kommission es den Reedern künftig zu ermöglichen, Schiffe mit eigenem Personal abzufertigen. Mit einem neuen Ausschreibungsverfahren besteht zudem die Gefahr, daß bei einem Betreiberwechsel der Hafengesellschaften bisherige Belegschaften nicht übernommen werden. Während sich Reeder und Teile der Großindustrie Senkungen der Hafenumschlagspreise erhoffen, befürchten die Hafenarbeiter schlechtere Arbeitsbedingungen, allgemeinen Lohnabbau sowie den Verlust von Arbeitsplätzen.
Auf einer Sitzung des EU-Verkehrsausschusses im November hatten sozialistische, kommunistische, grüne und linke Abgeordnete deshalb gefordert, den Richtlinienentwurf zurückzuziehen, was der Auschuß mit knapper Mehrheit von 26 zu 24 Stimmen aber zurückwies. Die Reederverbände hatten ihrerseits versucht, dem Protest der Hafenarbeiter die Spitze zu nehmen, indem auf die Möglichkeiten einer Selbstabfertigung der Schiffe verzichtet werden sollte. Doch der Ausschuß beschloß, den ursprünglichen Text im Parlament zur Abstimmung zu stellen. Der aber trifft auf erbitterten Widerstand der Hafenarbeiter.
Wie groß dieser ist, wird sich in Hamburg zeigen, wo die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di damit rechnet, daß 90 Prozent der Hafenarbeiter die als »Blockade« bezeichneten Streikaktion im größten deutschen Seehafen mittragen werden. Allein bei der Hamburger Hafen- und Logistik AG werden 30 Schiffe liegenbleiben. Die Hafenarbeiter treffen sich am Burchardkai, wo gegen 13 Uhr der ver.di-Bundesvorsitzende Frank Bsirske spricht. Von dort geht es mit Bussen und Autos quer durch den Hafen zum Schuppen 42, wo gegen 15 Uhr eine Großdemonstration in Richtung Innenstadt beginnen wird. Eine Großdemonstration ist auch für kommenden Montag direkt vor dem EU-Parlament in Strasbourg angekündigt, zu der Tausende Kollegen aus ganz Europa erwartet werden.
http://www.jungewelt.de/2006/01-10/001.php