Hamburg: IG-Metall-Tarifkommission verweigert Zustimmung zu Vereinbarung über Lohnsenkungen

Zu heftigen Meinungsverschiedenheiten ist es am Mittwoch abend in der Tarifkommission (TK) der IG Metall für das Hamburger Halbleiterwerk von Philips Semiconductors gekommen. Wie berichtet, will der Konzern mit der Drohung, andernfalls Stellen zu streichen, beträchtliche Lohnkostensenkungen für die 2300 Beschäftigten durchsetzen. Bereits im August 2005 gab es Konflikte in dem Betrieb, als die Konzernleitung außertarifliche Zulagen für 800 Arbeiter strich. Dagegen wehren sich die Betroffenen mit Unterstützung der Gewerkschaft auch auf juristischem Weg. Die ersten Entscheidungen wurden für Anfang Dezember erwartet. Umso überraschender war dann die Mitteilung der IG Metall vom Montag, daß ein Kompromiß mit der Firmenleitung ausgehandelt worden sei, der zwar die Schichtzulagen fortschreibt, aber auch Lohnsenkungen beinhaltet. In Hamburger Zeitungen hieß es vorab, die Zustimmung der Tarifkommission sei nur noch eine Formsache. War es aber nicht, denn das Gremium stellte sich quer.

In der Tat hätte sich die Philips-Geschäftsleitung vollständig durchgesetzt, würde der von IG-Metall-Bezirksleiterin Jutta Blankau nun vorgeschlagene »Kompromiß« einfach angenommen. Das hieße: Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich von 35 auf 37,5 Stunden, die Kürzung des Weihnachtsgeldes und die Streichung der Zuzahlungen für Mehrarbeit. Einbußen soll es auch im Entgeltrahmenabkommen (ERA) geben. Ob hingegen die Übernahme außertariflicher Schichtzulagen wirklich als Erfolg verbucht werden kann, ist fragwürdig, weil die Gerichtsentscheidungen vermutlich auch nichts anderes ergeben hätten. Das Ganze ist ein Streichpaket, mit dem die Lohnkosten um satte 13 Prozent reduziert werden würden, ohne daß der Konzern wirkliche Gegenleistungen erbringen müßte.

Entsprechend fassungslos regierten viele Metaller im Betrieb. Der Kampf der Philips-Arbeiter werde damit konterkariert, von der Verhandlungsmaxime »Keine Leistung ohne Gegenleistung« bliebe absolut nichts übrig, kritisierten Vertrauensleute gegenüber jW. In dem Kompromiß sei weder die angestrebte Arbeitsplatzgarantie noch eine feste Quotierung von Leiharbeit enthalten. Dagegen soll die Rücknahme der Klagen von Philips-Arbeiter Bestandteil der neuen tariflichen Vereinbarung werden.

Die Tarifkommission will jetzt eine Betriebsmitgliederversammlung der Gewerkschaft vorschlagen. Danach könnte eine Urabstimmung über die erzielte Einigung stattfinden. Jedenfalls haben viele Aktivisten im Betrieb die Hoffnung auf einen Arbeitskampf gegen den drohenden Lohnabbau und für die Sicherung der Arbeitsplätze noch nicht aufgegeben.

http://www.jungewelt.de/2005/11-25/020.php