Wie Ein-Euro-Jobs die Weiterbildung ersetzen das Beispiel Hamburg
Folgen der Hartz-Reformen in der Weiterbildung: Statt der bisherigen Umschulungen konzentrieren sich die Träger auf Ein-Euro-Jobs. Mögliche Konsequenzen sind absurde Beschäftigungsprogramme und massenhafter Stellenabbau bei Bildungsträgern.
Zwischen 8000 und 10000 Arbeitslose nahmen bisher jährlich in Hamburg an Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung teil. Ein Viertel davon im Rahmen von Umschulungsmaßnahmen. In diesem Jahr ist deren Anzahl bereits auf 3108 Personen gesunken. 2005 so hat es der Verwaltungsausschuss der Hamburger Agentur für Arbeit gerade festgelegt werden es nun nur noch 1300 sein. Umschulungen wird es kaum noch geben.
Der Kahlschlag bei den Umschulungen ist kein Einzelfall. Auch andere Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik laufen im Gefolge der »Arbeitsmarktreformen« aus. So hat sich die Anzahl der ABM-Beschäftigten in der Hansestadt von 4700 in den 90ern auf 1700 in 2004 verringert. Für 2005 ist eine weitere Absenkung auf nur noch 600 Plätze vorgesehen, und 2006 soll es ABM dann in Hamburg gar nicht mehr geben. Auch die Berufsförderungswerke, die ausschließlich Rehabilitanten fördern, schlagen inzwischen Alarm. Denn Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) hat die Umschulung auch für diesen Bereich in Frage gestellt.
Ronald Kohsiek, Arbeitsmarktexperte bei ver.di, sieht darin einen dramatischen Niedergang der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Fast alle Ressourcen konzentrieren sich nun auf die Ein-Euro-Jobs oder kurzfristige »Aktivierungen«, also Trainingsmaßnahmen. Allein in Hamburg sollen 10000 dieser Ein-Euro-Jobs entstehen (ND berichtete).
Das werde, so Kohsiek, nicht funktionieren. Denn obwohl erst ein Fünftel dieser Ein-Euro-Jobs in Hamburg existiert, hat die städtische Hamburger Arbeits- und Beschäftigungsgesellschaft (HAB), die den größten Teil des Kontingents verwaltet, bereits jetzt erhebliche Schwierigkeiten, adäquate Beschäftigung zu finden. Durch die Umstellung der Programme sei es der HAB nur noch möglich, Arbeitsgelegenheiten im Rahmen gemeinnütziger zusätzlicher Beschäftigung anzubieten, so HAB-Sprecherin Heike Baumann. Dies schränke aber das Tätigkeitsspektrum erheblich ein.
Am Kriterium der Zusätzlichkeit wollen die Gewerkschaften aber unbedingt festhalten, denn sonst würden reguläre Arbeitsplätze schleichend durch Ein-Euro-Jobs ersetzt. Monatelang will die HAB deshalb die Ein-Euro-Jobber nun mit Übungsmaßnahmen beschäftigen: Wände würden gemauert, gestrichen und dann wieder eingerissen. Flure würden geputzt und anschließend »mit einem Eimer Schmierdreck« für den nächsten Ein-Euro-Jobber wieder hergerichtet, berichten empörte Teilnehmer.
Diese Politik vernichtet Arbeitsplätze, sagt Peter Petersen, Sprecher des Betriebsräte-Arbeitskreises der Hamburger Weiterbildungsträger. Bereits 1000 fest angestellte Mitarbeiter wurden in seinem Bereich entlassen. Bundesweit hätten in der Weiterbildung in den letzten 18 Monaten 30000 Beschäftigte ihren Job verloren, die Entlassungen bei ABM-Gesellschaften gar nicht eingerechnet. Für 2005 rechnet Petersen allein im Berufsförderungswerk Hamburg mit 140 weiteren Streichungen. Gehe das so weiter, werde die Weiterbildungsbranche Ende 2005 »faktisch nicht mehr existieren«.
Verwendung: http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=62695&IDC=42&DB=Archiv