Hamburg hat als erstes Bundesland ein Hartz-IV-Umsetzungsprogramm beschlossen: Jobs ohne Vertrag und angemessene Bezahlung für Tausende. Qualifizierungsmaßnahmen ersatzlos gestrichen

Als erstes Bundesland hat Hamburg jetzt ein konkretes Programm zur Umsetzung von Maßnahmen vorgelegt, die sich aus Hartz IV ergeben. 225 Millionen Euro sollen dafür ausgegeben werden – 175 Millionen aus Beiträgen der Arbeitslosenversicherung bei der Bundesagentur für Arbeit, der Rest aus städtischen Mitteln. Für die Hansestadt ein lukratives Geschäft, rechnet diese doch mit Kostensenkungen bei der Sozialhilfe und zusätzlichen Einnahmen oder Kostensenkungen aus den Ein-Euro Jobs.

Nach dem vorgelegten Programm werden für die rund 100000 Arbeitslosen in Hamburg 30000 »Maßnahmeplätze« vorgesehen. Mit 10000 Ein- oder Zwei-Euro-Jobs bilden diese den Schwerpunkt des Pakets. Neben diesen Billigjobs, die die Verantwortlichen als »Aktiv-Jobs« bezeichnen, geht es um eine Vielzahl von »Trainingsmaßnahmen«. Für die Förderung von »Arbeitsplätzen im Niedriglohnsektor« sollen zusätzliche 3500 Plätze direkt in der Wirtschaft eingerichtet werden.

2000 weitere Ein-Euro-Jobs sollen schon ab November 2004 angeboten werden. Gleichzeitig werden zahlreiche Bildungseinrichtungen zur Qualifizierung von Arbeitslosen, wie die Hauptschulabschlußprojekte für Jugendliche oder Weiterbildungseinrichtungen für Erwachsene, ersatzlos gestrichen.

Bei der Vorstellung ihres Programms betonten Wirtschaftssenator Gunnar Ulldal (CDU) und Arbeitsamtsdirektor Rolf Steil (SPD), daß damit erheblich mehr Arbeitslose betroffen sein werden. Da viele der Maßnahmen kein ganzes Jahr dauern und auch Abbrüche einkalkuliert werden, könne somit »jedem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Hamburg ein Angebot zur Förderung oder Integration unterbreitet werden«.

Einen besonderen Schwerpunkt in diesem Programm bilden arbeitslose Jungerwachsene unter 25 Jahren. Hintergrund: Schon jetzt werden viele Sozialhilfeempfänger aus diesem Personenkreis zu solchen »Jobs« bei der städtischen »Hamburger Arbeit« verpflichtet. Die Abbrecherquote liegt hier mit über 50 Prozent besonders hoch. Kürzungen oder Streichungen bei der Sozialhilfe sind tägliche Praxis. In einer offiziellen Stellungnahme heißt es hierzu: »Mit der Durchsetzung des Prinzips »Fördern und Fordern« wird Arbeitsmarktpolitik verbindlich – und zwar für beide Seiten: Arbeitslose sind verpflichtet, die gemeinsam mit den Fallmanagern vereinbarten Eingliederungsmaßnahmen auch aktiv anzugehen, wenn sie Hilfeleistungen wie Arbeitslosengeld II und die Erstattung der Kosten der Unterkunft weiter beanspruchen wollen.« Mit den öffentlich geförderten Arbeitsangeboten solle zudem eine Gelegenheit gegeben sein, zum »Ausgleich für empfangene Hilfeleistungen« Tätigkeiten auszuüben, die im öffentlichen Interesse liegen.

Zehn Monate beträgt die Laufzeit dieser Arbeitsgelegenheiten. Die Bezeichnung »Job« ist dabei in der Tat irreführend. Im Unterschied zu einem tatsächlichen Job haben die Betroffenen weder einen Arbeitsvertrag, noch daraus resultierende Rechte. Bei »Fehlverhalten« kommt es zu erheblichen Leistungskürzungen, ohne daß es Widerspruchsverfahren gibt, von Betriebsräten ganz zu schweigen. Schließlich werden auch die Inhalte dieser Arbeitsgelegenheiten benannt: Das Sauberhalten öffentlicher Plätze und Einrichtungen (Straßen, Kinderspielplätze, Plätze, Parks, Sportstätten) steht im Zentrum. Auch »Assistenztätigkeiten« in Schulen, Wohnanlagen, Freizeiteinrichtungen und sozialen Einrichtungen sind vorgesehen. Schließlich geht es um die »Präsenz zur Vermittlung von mehr Sicherheit in öffentlich genutzten Räumen, wie Parkanlagen, Parkhäuser, U- und S-Bahn-Stationen«.

http://www.jungewelt.de/2004/09-28/015.php