Hamburger Senat stellt Volksentscheid gegen Krankenhausprivatisierung in Frage. Klage vor Verfassungsgericht

Da Hamburgs Regierungspolitiker einen gültigen Volksentscheid mißachten, ruht jetzt die Hoffnung der Bevölkerung auf Richtern. Am 15. September reichten die Initiatoren des Hamburger Volksentscheids »Gesundheit ist keine Ware« Klage beim Hamburgischen Verfassungsgericht ein.

Hintergrund: Am 29. Februar hatten sich 600000 Hamburger in einem Volksentscheid gegen die Privatisierung des Landesbetriebs Krankenhäuser ausgesprochen. Hamburgs Senat stellt diese Entscheidung aber in Frage und will die sieben Krankenhäuser mit ihren 12000 Mitarbeitern an den privaten Klinikbetreiber Asklepios verscherbeln. (jW berichtete).

»Die Krankenhäuser gehören den Bürgern, nicht Bürgermeister Ole von Beust. Der Senat will den Volksentscheid in den Papierkorb werfen. Aber das Votum des Volkes vom Februar gilt. Das Verfassungsgericht soll den vom CDU-Senat beabsichtigten Verkauf der Mehrheitsanteile am Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK) verhindern«, sagte ver.di-Landeschef Wolfgang Rose. Rechtsanwalt Dr. Jürgen Kühling, Verfassungsrechtler und bis 2001 Richter am Bundesverfassungsgericht, vertritt die Kläger vor Gericht.

Da der Senat der Bürgerschaft eine Gesetzesvorlage zugeleitet hat, die die Voraussetzungen für eine Privatisierung des LBK schaffen soll, verklagt die Volksinitiative nun die Bürgerschaft mit dem Ziel, einen entsprechenden Gesetzesbeschluß zu unterbinden. Das Verfassungsgericht soll feststellen, daß auch die Bürgerschaft an die Volksentscheidung gebunden ist und deswegen ein solches Gesetz nicht erlassen darf, solange sich keine grundlegend neuen Umstände oder Erkenntnisse ergeben.

»Die Privatisierungspläne des Senats sind von den Hamburger Bürgern in einem Volksentscheid mit überwältigender Mehrheit abgelehnt worden. Wir klagen, damit das Gericht diesen Verfassungsbruch stoppen kann«, so Rose: »Dieser Senat macht einen großen Fehler. Er nutzt seine absolute Mehrheit aus ideologischen Motiven zu einem Bruch der Verfassung und verletzt damit auch den politischen Anstand. Der Senat will ein Vermögen verschleudern, das dem Volk gehört«.

Kühling argumentiert in der Klageschrift, daß der Volksentscheid nicht mittels juristischer Winkelzüge ignoriert werden dürfe. Schließlich hätten die Hanseaten nicht eine unverbindliche Empfehlung ausgesprochen, sondern einen »Entscheid« durchgeführt, der auch für die politischen Organe verbindlich sei.

http://www.jungewelt.de/2004/09-17/012.php