Kitas sollen in der Hansestadt 50 Millionen Euro »einsparen«, aber 5000 Plätze mehr anbieten
Knapp zwei Wochen nach der Demonstration von 8000 Beschäftigten der Hamburger Kindertagesstätten am 2. September (jW berichtete), gingen am Dienstag abend erneut Mitarbeiter der Kitas in Hamburg auf die Straße. Zuvor hatte eine Personalversammlung der »Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten« stattgefunden, an der rund 2 400 Mitarbeiter teilnahmen. In der Vereinigung sind rund 4 800 der insgesamt 10 000 Beschäftigten im Bereich der Hamburger Kindertagesstätten beschäftigt. Fünfzig Millionen Euro sollen Hamburgs Kindertagesstätten ab 1. Januar 2005 »einsparen«. Gleichzeitig soll sich aber die Anzahl der Kita-Plätze um 5 000 erhöhen. So befürchten Hamburgs Erzieher drastische Verschlechterungen nicht nur beim Gehalt, sondern auch bei ihren Arbeitsbedingungen und in den Standards der Kinderbetreuung.
Die Personalversammlung der städtischen Vereinigung sollte wie bei anderen Trägern auch bereits am 2. September stattfinden, war dann aber durch die Geschäftsführung untersagt worden. Für die Betriebsratsvorsitzende Irene Gröne ein Skandal, denn inzwischen sind Fakten geschaffen worden. In einem Brief an die Mitarbeiter im Hauswirtschaftsbereich (Küchen und Reinigungsdienste) kündigte Geschäftsführer Dr. Martin Schaedel Personalkürzungen insbesondere für diesen Bereich an. Darüber hinaus soll bei den Kita-Leitungen Personal eingespart werden. Aber auch im Bereich der Erzieher will Schaedel Fakten schaffen, um sich so in eine bessere Verhandlungsposition mit der Behörde zu setzen: Befristete Arbeitsverträge laufen aus, Versetzungen werden vorgenommen und die Vergütungen für das Personal nach Durchschnittswerten im Bereich der Kitas pauschalisiert. Wie Schaedel den entsetzten Mitarbeitern vorrechnete, kann dies zu Lohnkürzungen für einzelne Erzieherinnen von mehreren Tausend Euro im Jahr führen. Co-Geschäftsführerin Hedi Colberg-Schrader versuchte die angeheizte Stimmung mit einem Appell an das pädagogische Pflichtgefühl der Mitarbeiter zu besänftigen. Sie sollten trotz dieser extremen Kürzungen Standards der Kinderbetreuung nicht aufgeben. Sie erntete Pfiffe.
Die Kampfbereitschaft in den Kitas ist hoch. Ronni Prieß vom Bündnis der Hamburger Kita-Beschäftigten sprach bereits am 2. September von möglichen Streiks. In einem offenen Brief, der im Anschluß an die Demonstration der zuständigen Senatorin Birgit Schnieber-Jastram(CDU) übergeben wurde, forderte er nun dazu auf, endlich den Dialog mit den Mitarbeitern der verschiedenen Träger aufzunehmen. Prieß, der auch im Hamburger Sozialforum aktiv ist, gegenüber jW: »Der Zusammenhalt der Beschäftigten im Kita-Bereich ist heute so groß wie nie zuvor. Wir sind kampfbereit und werden diese Kürzungen nicht hinnehmen.«
http://www.jungewelt.de/2004/09-17/015.php