CDU legt 150-Millionen-Euro-»Sparprogramm« mit langer Liste sozialer Grausamkeiten vor

Hamburg steht dieser Tage im Zeichen der Haushaltspolitik. Am Mittwoch begannen dreitägige Haushaltsberatungen in der Bürgerschaft. Hierzu legte Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) ein 150-Millionen-Euro-»Sparprogramm« vor, mit dem der Haushalt ab 2005 entlastet werden soll. Ausgerechnet der GAL mit ihrem Haushaltsexperten Willfried Maier ist das nicht genug. Maier wirft dem Senat »unsolide Haushaltspolitik« vor. Schon für das letzte Jahr, so Maier, habe der Senat 32 Millionen mehr ausgegeben als geplant.

Die Liste der Grausamkeiten ist lang. Besonders trifft es erneut die Einrichtungen der Beschäftigungsförderung. Hier will der Senat 28 Millionen Euro kürzen. Eine dieser Einrichtungen ist die »Stiftung für berufliche Bildung«. Ihre Zuschüsse werden vollständig gestrichen. Hinzu kommen Streichungen bei den Lehr- und Lernmitteln, Kürzungen beim Schülerfahrgeld und im Ausbildungsverkehr, beim Blindengeld, der Filmförderung, beim Schulschwimmen, der Seniorenbildung sowie bei Projekten der Frauenförderung. Mit deftigen Fahrpreiserhöhungen im ÖPNV, der Erhöhung des Wasserpreises und zahlreichen neuen Gebühren – so für den Rettungsdienst – soll den Bürgern tief in die Tasche gegriffen werden. 34 Millionen Euro will der Senat so zusätzlich einfahren. Nichts bleibt unberührt: Die »Sportstadt Hamburg«, die sich anschickt, eine erneute Olympiabewerbung zu verfassen, will den kleinen Sportvereinen 3,5 Millionen für die Nutzung staatlicher Sportstätten abtrotzen. Öffentliche Einrichtungen, so die Bücherhallen, sollen durch »Effizienzsteigerungen« 14 Millionen Euro erwirtschaften. Und das erste Hamburger Frauenhaus, vor über 20 Jahren entstanden, wird zum Jahresbeginn 2005 schließen.

Neben diesen Maßnahmen finden kräftige »Umschichtungen« statt. In der Bildungsbehörde betrifft dies 1 019 Lehrerstellen (Gesamtvolumen: 13 800). Die Schülerzahlen – so eine Prognose – werden bis 2008 um 6 000 auf dann 230 000 steigen. Allein hierfür berechnet die Behörde einen Mehrbedarf von 431 Stellen. Mit dem Ausbau der Ganztagsschulen müßten weitere zusätzliche Stellen entstehen. Da aber auch die Schulbehörde noch 81 Stellen »einsparen« muß, werden die Klassengrößen nun erhöht und insbesondere Mittel und Personal im Bereich der Sprachförderung gestrichen.

DGB-Chef Erhard Pumm bewertete die Streichung bei der »Stiftung für berufliche Bildung« als Fortführung des Kahlschlages in der Weiterbildungslandschaft. Diese Stiftung bietet seit 1982 Maßnahmen zur Berufsvorbereitung, Umschulung und Fortbildung für Erwerbslose an. Schon im letzten Jahr mußten allein bei den Weiterbildungsträgern 300 Mitarbeiter entlassen werden. Mit der Kürzung städtischer Zuschüsse im Bereich der Beschäftigungsförderung werden zudem Mittelstreichungen durch die Bundesanstalt für Arbeit und den Europäischen Sozialfonds provoziert. Allein für die Stiftung sind das acht Millionen Euro an Komplementärfinanzierung.

Nicht angetastet werden hingegen die Haushaltstitel im Bereich Wirtschaft und Verkehr. Ein Leckerbissen der besonderen Art: 30 Millionen Euro will die Stadt für ein neues Marinemuseum ausgeben. Mit allem, was dazugehört und inklusive einer Anlegestelle für Kriegsschiffe.

http://www.jungewelt.de/2004/06-17/014.php