Gelingt es der Hamburger Linken im September 2001 in die Bürgerschaft einzuziehen?

Bereits am 30. Mai beschloss der Verein „Regenbogen – Für eine neue Linke“ einstimmig seine Wahlbeteiligung bei den nächsten Bürgerschaftswahlen. Regenbogen – entstanden in antimilitaristischer Abgrenzung zum oliv-grünen Kriegskurs von Bündnis 90/Die Grünen – ist schon jetzt mit einer Gruppe von fünf Abgeordneten im Hamburger Landesparlament vertreten. Darüber hinaus mit zahlreichen Fraktionen in den Bezirksparlamenten.

Am 15. Juli will nun die PDS auf einer Landesversammlung im traditionsreichen Haus für Alle (Amandastraße 58 ab 10 Uhr) nicht nur wahlpolitische Positionen beschließen, sondern auch einen neuen Landesvorstand wählen. Zusammen kommen PDS und Regenbogen – nach jüngsten Meinungsumfragen – gegenwärtig auf etwa 4,5 Prozent der Wählerstimmen!

Die Lage ist günstig

Die Situation ist so günstig wie lange nicht mehr. Erstmalig seit vielen Jahren könnte die Hamburger Linke einen Wahlkampf wieder mit parlamentarischer Präsenz und parlamentarischem Ergebnis führen! Die Sprecherin von Regenbogen, Heike Sudmann, erklärte uns hierzu: „Unser Ziel ist es, auch in Zukunft die politische Debatte in der Stadt mitzubestimmen und Kontrapunkte zur herrschenden Meinung zu setzen.“ Damit dies gelingen kann, will „Regenbogen – für eine neue Linke“ den Wahlkampf als „offenes Projekt führen, zusammen mit allen Interessierten, mit unterschiedlichen Einzelpersonen und Zusammenhängen.“ Eine Wahlplattform soll im Herbst entstehen, dann sollen die genaueren Modifikationen des Eingreifens festgelegt werden.

Es ist in der Stadt ein offenes Geheimnis: Ohne eine Allianz der Linksalternativen und -grünen mit den sozialistischen Gruppen in der Stadt ist dieses ehrgeizige Ziel, erneut ins Landesparlament einzuziehen, freilich nicht zu erreichen. Bereits im Mai bekundete „Regenbogen – für eine neue Linke“ deshalb seine Bereitschaft zu offenen Listen. Inzwischen ist diese Debatte fortgeschritten.

Etlichen Mitgliedern – unter ihnen auch Abgeordneten in der Bürgerschaft – ist vollständig klar, dass ein wahlpolitischer Erfolg nicht nur nicht in Konkurrenz zum sozialistischen Spektrum möglich ist, sondern dass es hierfür notwendig ist, gemeinsames Eingreifen den Bürgerinnen und Bürger auch über den Titel der Liste selbst kenntlich zu machen. Das wäre deutlich weniger als ein Parteienbündnis, viel mehr aber als ein reine Liste von Regenbogen mit ein paar Plätzen für andere. Zusammenarbeit ist auch deshalb notwendig, weil beide Gruppen zu unterschiedliche Bevölkerungsschichten ansprechen.

Die Diskussion bei der PDS geht inzwischen in die gleiche Richtung. In einem Interview mit der Jungen Welt erklärten Roman Scharwächer und Dirk Prösdorf von der PDS-Gruppe „Linker Dialog“: „Wir wollen ein breites Wahlbündnis linker Kräfte – Regenbogen, Sozialpolitische Opposition, DKP, Gewerkschafter, PDS u.a.“ Damit sich dies allerdings realisieren könne, sind – nach Einschätzung nicht nur des „Linken Dialog“, sondern, wie die letzte PDS-Versammlung zeigte, einer Vielzahl von PDS-Mitgliedern – auch bei der PDS Veränderungen notwendig.

Der gegenwärtig den Landesvorstand dominierenden Hochschulgruppe LINKS wird vorgeworfen, sich vehement gegen jegliche realistische Form wahlpolitischer Gemeinsamkeit bei den kommenden Wahlen ausgesprochen zu haben. Viele werfen der Gruppe, der es 1997 – nachdem viele Mitglieder der PDS nach dem Schweriner Parteitag ausgetreten wären oder sich zurückgezogen hatten – gelungen war, in stärkeren Umfang in Vorstandsfunktionen der hanseatischen PDS vorzurücken, zudem ausgrenzendes Verhalten vor. Eingefordert wird politische Wirksamkeit auch „außerhalb der Parteigeschäftsstelle“ zu entwickeln.

Wie bunt ist der Regenbogen?

Wie tief die Meinungsverschiedenheiten auch im linken Spektrum der PDS sind, wird im Antrag der Gruppe „Linker Dialog“, der von verschiedenen Parteigliederungen unterstützt wird, deutlich. Dort heißt es: „Die Versuche Bündnispolitik als Verlängerung des ideologischen Streites (in der PDS) zu führen, sind kontraproduktiv, (genauso) wie instrumentell Bündnispartner durch die völlige Ausklammerung ideologischer und politischer Differenzen mit ihnen zu Verbündeten im innerparteilichen Streit zu machen.“ Die Gruppe unterstreicht gleichzeitig die wahlpolitischen Möglichkeiten für 2001: „Es wäre möglich, gemeinsam über die momentan durch den Regenbogen realisierte parlamentarische Vertretung hinaus – sich das ´Spielbein´ für die Linke in dieser Stadt mit einer dauerhaften Perspektive zurückzuerobern.“ Natürlich will man dafür eigene Themenbereiche einbringen, noch wichtiger sei aber, auch auf das zurückzugreifen, was es in der außerparlamentarischen Bewegung – so zum Beispiel im Hamburger Forum, in der Sozialpolitischen Opposition oder in der Antifa-Bewegung – schon gibt.

Wie man auch immer den Streit der mehrheitlich links stehenden Mitglieder und Sympathisierenden der Hamburger PDS bewerten mag, so bleibt doch festzuhalten, dass die am 17. Juni stattgefundene Landesversammlung der PDS nun mit großer Mehrheit ein Verfahren beschlossen hat, um sich mit diesen Forderungen zu beschäftigen. Die Versammlung beschloss Neuwahlen für den Landesvorstand, die nun am 15. Juli stattfinden sollen und nachdem sich die PDS auf „Eckpunkte zur weiteren Arbeit, zur Landespolitik und zu den Bürgerschaftswahlen“ verständigt hat.

Und was sagt die DKP?

Die DKP hat ihre eigenes wahlpolitischen Eingreifen bei den Bürgerschaftswahlen 2001 noch nicht beschlossen. Viele GenossInnen wollen zunächst den weiteren Klärungsprozess in der Hamburger PDS abwarten. In jedem Fall, so die übereinstimmende Position bei einer kürzlich stattgefundenen Aktivtagung zur Auswertung des Parteitages, will die Partei aber mit eigenen inhaltlichen Positionen eingreifen.

Die Handlungsorientierung unseres jüngsten Parteitages hat erneut darauf verwiesen, dass wir als Kommunistinnen und Kommunisten alles in unseres Kräften Stehende dafür aufbringen sollten, dass gemeinsamer Widerstand aller linken und demokratischen Kräfte im Kampf gegen die gesellschaftliche Rechtsentwicklung möglich wird. In Hamburg fährt die rot-grüne Koalition eine gnadenlose Sparpolitik, mit der selbst Ansprüche aus der Sozialhilfe in Frage gestellt sind. Sozialdemokratische und grüne Senatoren ermöglichen es, dass in unserer Stadt neofaschistische Gruppen aufmarschieren. Bildung wird zunehmend privatisiert. Im Echo dieser Politik formiert sich auch rechts eine neue Wahlformation: Richter „Gnadenlos“ Ronald Schill will mit einer eigenen Partei antreten, denn die hanseatische CDU ist ihm „zu links“. In Umfragen ist diesem Haider-Verschnitt ein Erfolg von bis zu acht Prozent der Stimmen vorausgesagt.

In dieser Situation sind alle Linken in unserer Stadt gefordert, auch im parlamentarischen Eingreifen, das zu realisieren, was wir außerparlamentarisch längst tun: Gemeinsam zu handeln! Die Chancen hierzu stehen so gut wie lange nicht mehr.

http://www.dkp-online.de/wahlen/land/hamb01/32290602.htm