März 1994

Am Wochenende, 11.-13.3.94, fand in Berlin der PDS-Wahlparteitag in Vorbereitung der Europa- und Bundestagswahlen 1994 statt. Zwei Punkte standen dabei im Mittelpunkt: die Wahl der Bundesliste für die Europawahlen (Landeslisten sind hier nicht vorgesehen) und zum zweiten die Verabschiedung des Europa- und Bundestagswahlprogramms.

Bei der Wahl der Bundesliste ist im wesentlichen das zu vermelden, was schon zuvor erwartet worden ist: Die PDS kandidiert auch hier mit einer Offenen Liste, versucht das Wahljahr ’94 mit anderen demokratischen und linken Kräften in Gemeinsamkeit zu gestalten. Bestimmte Versuche, dabei Menschen aus der kommunistischen Bewegung auszugrenzen, fanden keine Mehrheit und wurden – schon bei der Bestimmung des Wahlverfahrens – deutlich zurückgewiesen.

Auf den vorderen vier Listenplätzen (für die ein gesondertes Wahlverfahren für jeden einzelnen Listenplatz stattfand und bei denen der Parteivorstand von seinem Vorschlagsrecht Gebrauch machte), wurden folgende Personen gewählt: Hans Modrow (1), Sylvia Yvonne Kaufmann (2), Susanne Schunter Kleemann (3) und Heinrich Fink (4). Neben den SpitzenkandidatInnen aus der PDS (Hans Modrow und S.Y. Kaufmann), kandidieren also auch: eine parteilose Hochschulprofessorin aus Bremen, die sich insbesondere durch wissenschaftliche Ausarbeitungen zur Frauenfrage einen Namen gemacht hatte, und mit Heinrich Fink, ehemaliger Rektor der Humboldt-Uni, eine Person mit hoher Symbolkraft für den Widerstand gegen eine bestimmte Art und Weise der politischen und kulturellen Abwicklung der BewohnerInnen der ehemaligen DDR.

Ab Platz 5 der Liste wurden dann in zwei Wahlgängen jeweils weitere 7 Frauen und 7 Männerin jeweils einem weiteren Wahlverfahren ausgewählt. Jeder Delegierte hatte dabei drei „Präferenzstimmen“ zu vergeben und mit denen er die Listenreihenfolge festzulegen suchte. Das Ergebnis: Guiseppina Paglia (für Platz 5), Fritz Schumann (6), Marion Arnold (7), Leo Mayer (8). Auch hier kam das Prinzip der offenen Liste zum Tragen und wurde – ohne daß spezielle Vornominierungen erfolgten – einfach durch das geheime Wahlverhalten der Delegierten bestätigt: auf den ersten Platz die Förderationssekretärin für die Bundesrepublik der italienischen kommunistischen Sammlungsbewegung (RC), dann mit Fritz Schumann ein bekannter Landwirtschaftsexperte aus dem PDS-Landesverband Sachsen-Anhalt, schließlich Leo Mayer, der von der DKP vorgeschlagen wurde und Konzernbetriebsrat bei Siemens aus München ist. Und noch dazwischen die Sprecherin des Verbandes der Behinderten. Auf den weiteren Plätzen kandidieren nun darüber hinaus z.B. ein Mitglied der Kommunistischen Partei Spaniens, ein griechischer Genosse der KKE, eine Frau aus der Friedensbewegung in Baden-Württemberg sowie weitere KandidatInnen aus der PDS.

Insgesamt also ein Ergebnis, das insofern besonderer Erwähnung bedarf, als daß es Ausdruck eines politischen Willens der breiten Mehrheit unter den Delegierten war, die vorhandene Listenplätze auf möglichst viele Kräfte der Linken zu verteilen. Mit dieser politischen Entscheidung dürften damit auch Maßstäbe für die Landeslisten zur Bundestagswahl gegeben sein.

Es würde den Rahmen dieses kurzen Berichtes sprengen, wenn auf die vielfältigen Veränderungen zu den Programmentwürfen zur Bundestags- und Europawahl eingegangen wird. Deshalb zunächst nur soviel: Die Programme sind besser geworden als das, was an Entwürfen zunächst vorlag. Dies betrifft insbesondere das Europawahlprogramm. Dabei setzten sich Anträge durch, die z.B. auf eine genauere Ausprägung des antimilitaristischen Profils orientieren. Wer Genaueres wissen will, hat ab nächster Woche die Möglichkeit über die Palmaille 24 einen Sonderdruck unseres NFOS abzufordern. In dem sind dann auch die verschiedenen Reden und die beschlossenen Programme dokumentiert. (Tel. 040/3892164)

Verwendung: Lokalberichte Hamburg Nr. 6 1994 (März 1994)
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